Online-Identitäten sind aus der Digitalwirtschaft nicht mehr wegzudenken
Der jüngste Bericht der Blockchain-Forschungsstelle der EU kommt zu dem Schluss, dass dezentrale digitale Identitäten einen unverzichtbaren Bestandteil des digitalen Binnenmarkts darstellen. Dies setzt voraus, dass sich die Gesetzgeber mit der Herausgabe und auch mit deren gesetzlichen Rahmenbedingungen beschäftigen. Für die Bereitstellung selbstverwalteter digitaler Online-Identifikationen könnten Blockchain-Technologien wiederum ein wichtiges technologisches Rückgrat darstellen.
Online-Identitäten sind aus der Digitalwirtschaft von heute nicht mehr wegzudenken. Nahezu jeder Anbieter – neben Social-Media-Netzwerken, Handelsplattformen und E-Mail-Betreibern – verwaltet ein Account-System mit den persönlichen Daten der Kunden.
Doch auf lange Sicht könnten sich hier Probleme ergeben, da solche Informationen oftmals nicht nur bei einem einzigen Anbieter bleiben und außerdem sehr anfällig für Angriffe und Hacks sind. Indem die Accounts miteinander vereint werden und unabhängig von den einzelnen Betreibern dezentralisiert werden, könnte es einen Ausweg geben. Beispielsweise könnten dann die Bürger selbst solche digitalen Identitäten verwalten und wie einen digitalen Personalausweis nutzen.
Die digitale Identität als wichtige Voraussetzung für einen digitalen Binnenmarkt
EU-Mitglieder der Blockchain-Denkfabrik der EU, dem Blockchain Observatory Forum, fordern die öffentliche Unterstützung solcher dezentralen digitalen Identitäten. Ohne dezentrale Identifikationsmöglichkeiten sei die Vorstellung eines gemeinsamen EU-weiten digitalen Binnenmarkts nicht vorstellbar.
Man sieht die digitale Identität als eine wichtige Voraussetzung für einen digitalen Binnenmarkt an, welcher für politische Entscheidungsträger eine Priorität darstellen sollte. Indem Regierungsbehörden hinsichtlich dezentraler Identitäten und in ihrer Rolle als Herausgeber gefördert werden, kann die EU die Nutzung dezentraler Anmeldeinformationen unterstützen. Bürger und Unternehmen genießen so große Vorteile bezüglich Kostenersparnissen und der Beschleunigung von Prozessen.
Für die Herausgabe dezentraler Identitäten sei die Blockchain-Technologie zwar nicht erforderlich, stellt jedoch eine leistungsstarke Lösung dar. Unter anderem könnten Distributed-Ledger-Technologien unter anderem die Verwaltung persönliche Daten übernehmen, Anmeldeinformationen beglaubigen und eine wichtige Rolle für den Aufbau einer dezentralen Infrastruktur darstellen, die den Datennutzern dank Smart Contracts Zugriffe und Zustimmung erteilt.
Zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten
Im Bericht wird unter anderem ein Netzwerk digitaler Berufs- und Bildungszeugnisse als Anwendungsmöglichkeit genannt. Auch beim Datenaustausch im Gesundheitswesen oder beim Verteilen der Zuschussgelder des Staates und der Subventionen könnte die Technologie zum Einsatz kommen.
Doch um überhaupt die Nutzung der Technologie in der breiten Öffentlichkeit zu verwirklichen, ist gesetzliche Klarheit nötig. Die Technologien müssen mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und den eIDAS-Vorschriften konform sein. Die DSGVO regelt personenbezogene Daten, eIDAS schreibt einen gesetzlichen Rahmen gegenüber den Mitgliedstaaten für digitale Signaturen wie zum Beispiel Stempel, Zertifikate und Unterschriften vor. Auch hier könnten Anwendungsfelder entstehen.
Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass die Ergebnisse der Forschungsstelle bald umgesetzt werden. Doch es gibt Hoffnung, da die EU-weite Entwicklung einer Europäischen Blockchain-Infrastruktur bereits seit April zwischen den Mitgliedstaaten läuft. Diese hat zur Aufgabe, grenzübergreifende digitale Dienstleistungen bei der Bereitstellung zu unterstützen und Blockchain-Anwendungen zu ergründen. Die Empfehlungen der EU-Denkfabrik könnten hier auf fruchtbaren Boden stoßen.